Urn with inscription placed in front of the polychrome wall painting of the Tomb of the Hescanas

Grab der Hescanas

Die Grabkammer der Hescanas ist eine etruskische Grabstätte aus dem späten 4. Jahrhundert v. Chr., gelegen in der Ortschaft Molinella bei Castel Rubello, in der Gemeinde Porano.

In den Tuffstein eines kleinen bewaldeten Hügels gegraben, am Fuße von dem Bach Montacchione umflossen, gehörte das Grab der aristokratischen Familie der Hescanas, wie die gefundenen Inschriften belegen. Es ist eines der wenigen etruskischen Gräber mit Wandmalereien, die in der Region Orvieto noch in situ besichtigt werden können – neben den Golini-Gräbern I und II der Nekropole von Settecamini, deren Fresken heute im Archäologischen Nationalmuseum von Orvieto aufbewahrt werden.

Ein Besuch der Hescanas-Grabkammer bietet die Gelegenheit, etruskische Bräuche und Vorstellungen von Alltag und Jenseits anhand der original erhaltenen Wandmalereien vor Ort kennenzulernen.

 

Felsarchitektur: das Innere des Hescanas-Grabes

Die bereits im späten 19. Jahrhundert bei Tuffabbauarbeiten entdeckte und geplünderte Grabkammer bewahrt dennoch charakteristische Elemente etruskischer Bestattungsarchitektur.

Das vollständig in Tuffstein gehauene Grab hat einen quadratischen Grundriss und folgt dem typischen Aufbau aristokratischer Felsgräber:

  • Monumentaler Dromos: ein ca. 16 Meter langer, leicht abfallender Korridor führt zum Eingang der Grabkammer.
  • Doppelte Eingangstür: Vom Dromos gelangt man durch zwei Türen in einen kleinen Vorraum; diese Türen waren ursprünglich verputzt und mit zwei gemalten Schlangen verziert – ein häufiges Symbol im etruskischen Totenkult.
  • Doppelschrägdecke: in den Tuff gehauen, um das hölzerne Satteldach eines Hauses nachzuahmen, mit imitierter Balkenkonstruktion.
  • Sarkophagbank: Entlang der Wände verläuft eine Bank, auf der zwei Sarkophage aus Peperino aufgestellt sind, die hölzerne Truhen nachbilden, sowie eine Urne mit Deckel und dem Namen des Verstorbenen: Vel Hescnas.

Gastmähler und Prozessionen ins Jenseits: die Wandmalereien des Grabes

Die Familie Hescanas ließ das Grab mit einer reichen Bemalung ausstatten, die das Totenmahl zu Ehren des Verstorbenen darstellt.

Alle Wände waren mit einem gemalten Fries versehen, unten durch ein Wellenmuster begrenzt.
Von diesen Malereien, die heute teilweise beschädigt sind, wurde etwa zehn Jahre nach ihrer Entdeckung eine originalgetreue Kopie angefertigt. Diese wird heute im Besuchszentrum CEA – PAAO in Porano aufbewahrt, das sich in der ehemaligen Orangerie der Villa Paolina befindet. Dort kann man die ursprüngliche Dekoration nachvollziehen.

 

Die rechte Wand: die Reise der Seele

Auf der rechten Wand beim Eingang ist der Verstorbene auf einem Wagen mit roten Pferden dargestellt, auf dem Weg ins Jenseits – eine Einleitung zur Hauptszene an der rechten Wand, die am besten erhalten ist. Sie zeigt zwölf Figuren in vier Gruppen:

  • Erste Gruppe: Ein junger Mann schreibt mit einem Stilus und blickt auf eine geflügelte Figur – vermutlich ein weiblicher Genius, der ihn ins Jenseits führt.
  • Zweite Gruppe: Vier Figuren, darunter zwei sich umarmende junge Männer in der Mitte – vielleicht Brüder, die sich verabschieden, oder Seelen, die sich wieder begegnen. Über ihren Köpfen sind die Namen Vel und Laris sowie das Wort zil zu lesen, ein Hinweis auf den Titel zilath, ein hoher etruskischer Beamter. Daneben zwei junge Frauen – wohl weibliche Genien ohne Flügel. Eine von ihnen ist die am besten erhaltene Figur des Grabes: Sie hebt anmutig den Saum ihres gelben Kleides mit rotem Rand, während sie eilig zu den beiden Männern schreitet.
  • Dritte Gruppe: Drei Männer in schlichter Kleidung und barfuß – wahrscheinlich Diener. Zwei spielen ein Rundhorn und einen Lituus (etruskisches Blasinstrument), der dritte trägt zwei Stäbe und einen Hermesstab und scheint den Trauerzug zu führen.
  • Vierte Gruppe: Zwei Frauen und ein junger Mann. Die erste Frau ist reich gekleidet und trägt Schmuck. Ihr folgt eine große, vornehme Matrone mit Schleier – vermutlich eine verstorbene Adelige der Familie –, begleitet von zwei jungen Angehörigen.

 

Die Rückwand

Obwohl der Mittelteil weitgehend verloren ist, sind an der Rückwand folgende Szenen erkennbar:

  • Ein junger Mann, der sich auf einen langen Stab stützt, geht vor einem geflügelten weiblichen Genius, der in der linken Hand eine teilweise entrollte Schriftrolle hält – in der etruskischen Ikonografie ein Symbol des Lebens.
  • Ein kopfloser Mann, vermutlich an einen mit einer Ziegen- oder Schafshaut bedeckten Altar gelehnt, von dem nur noch ein Bein erhalten ist. Rechts daneben eine unvollständige weibliche Figur.
  • Ein weiterer weiblicher Genius mit Flügeln, der in einer Hand eine Patera (Opferschale) und in der anderen ein Parfümgefäß (Alabastron) hält.
  • Schließlich ein junger Mann mit einem Krug, identifiziert durch die Inschrift über seinem Kopf: Etenace Hescanas.

 

Die linke Wand: das Totenmahl

Obwohl stark beschädigt, zeigt die linke Wand Reste von Triklinien (Liegesofas), die auf ein Gastmahl zu Ehren des Verstorbenen hindeuten.

Diese Szene setzt sich an der linken Wand neben dem Eingang fort: Hier ist ein Tisch mit drei pferdeförmigen Beinen dargestellt, auf dem vier Flüssigkeitsgefäße und ein Schöpfgefäß angeordnet sind. Zu Füßen des Tisches befinden sich drei große Vorratsgefäße (Ollen).

Am Ende der Szene steht ein junger Mann mit Stab; über seinem Kopf ist sein Name zu lesen: Tetinate Hescanas.

 

Wissenswertes

Die Grabkammer der Hescanas – wie auch viele andere Gräber und Nekropolen in der Umgebung von Orvieto – spiegelt das Bedürfnis einer neuen aristokratischen Gesellschaftsschicht wider, die ab dem frühen 4. Jahrhundert v. Chr. ihre Begräbnisstätten zunehmend außerhalb des städtischen Zentrums anlegt.

Gleichzeitig verlieren die großen innerstädtischen Nekropolen auf dem Tuffplateau von Orvieto – wie Cannicella oder Crocifisso del Tufo – an Bedeutung für die führenden Familien.

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