Sculpture of the Domina Lacii on the Fontana Maggiore in Perugia, holding some dace fish, with Latin inscriptions on the marble.

Die Hasel des Trasimenischen Sees

„Leuciscus Trasimeno: Wir nennen diese neue Art so, nicht weil sie nur in diesem einen See vorkommt oder weil dieser See keine andere Leuciscus-Art beherbergt, sondern vielmehr, weil sie dort in einer solchen Fülle existiert, dass ihr äußerst ertragreicher Fang eine bedeutende Einnahmequelle für unsere Staatskasse darstellt und einer besonderen Regelung unterliegt.“ So schrieb Luciano Bonaparte, Autor der Iconografia della Fauna Italica, die zwischen 1832 und 1841 veröffentlicht wurde.

Die Hasel, die einst in den Gewässern des Trasimenischen Sees reichlich vorhanden war, verschwand Anfang des 20. Jahrhunderts aus unbekannten Gründen aus dem Fischbestand des Sees. Dennoch war sie über lange Zeit eine bedeutende wirtschaftliche Ressource für die Region. Man denke nur an den Fontana Maggiore in Perugia, wo die Stadt als eine wohlhabende Dame auf einem Thron dargestellt wird, mit einem Füllhorn als Symbol für ihren Reichtum. Links neben ihr steht die Domina Clusii mit einem prächtigen Bündel Weizenähren, rechts die Domina Lacii mit einem stattlichen Strauß… von Haseln. Darüber hinaus zahlte das guelfische Perugia bei den vorgeschriebenen Fastentagen seinen Tribut an den Papst in Form von Haseln – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass dieser Fisch von hoher Qualität war und auf den Tafeln der hochrangigen Prälaten der römischen Kurie nicht fehlen durfte. Aus städtischen Dokumenten geht zudem hervor, dass im 14. Jahrhundert die Hälfte der täglich auf den Markt gebrachten 30 some (Maßeinheiten für Waren) Fisch während der Fastenzeit aus Haseln bestehen musste.

Dieser hochwertige Süßwasserfisch war somit ein fester Bestandteil der städtischen Esskultur, sodass die Peruginer bereits im Mittelalter scherzhaft als magnalasche („Hasel-Esser“) bezeichnet wurden. In diesem Zusammenhang kann die Novelle CLXIX der Trecentonovelle erwähnt werden, ein Werk des florentinischen Schriftstellers Franco Sacchetti, das zwischen 1385 und 1392 verfasst wurde. Die Geschichte erzählt von einem florentinischen Maler namens Buonamico Buffalmacco, der von der Stadtverwaltung Perugias beauftragt wurde, ein Bildnis des Heiligen Herkulanus auf dem Hauptplatz zu malen. Um ungestört arbeiten zu können, ließ sich der Künstler ein Gerüst errichten, das ihn den Blicken der Bürger entzog. Diese riefen ihm immer wieder ungeduldig zu, das Werk zu vollenden. Als das Gerüst schließlich entfernt wurde, mussten die Peruginer mit großem Erstaunen feststellen, dass der Heilige Herkulanus anstelle eines Heiligenscheins eine Krone aus Haseln trug! Wütend machten sie sich auf die Suche nach Buonamico, doch dieser hatte sich bereits nach Florenz abgesetzt.

Der Fisch gelangte über die Porta Trasimena in die Stadt, die sich am unteren Ende der via dei Priori befindet. Auf dem mittelalterlichen Wiederaufbau des etruskischen Tores sind zwei kleine Reliefs zu sehen: ein Kreuz im oberen Bereich und eine halbkreisförmige Figur, die wie eine Mondsichel aussieht, nach allgemeiner Überlieferung jedoch eine Hasel darstellen soll. Diese diente wohl dazu, die Fuhrleute, die den Fisch nach Perugia brachten, darauf hinzuweisen, dass sie sich auf dem richtigen Weg befanden. Von dort wurde der Fisch an die verschiedenen Fischmärkte der Stadt verteilt. Einer der wichtigsten befand sich im Bereich des heutigen Palazzo delle Poste, ein weiterer in der via Oberdan, in einem schönen mittelalterlichen Gebäude auf der linken Seite der Straße. Dort kann man an den ersten und letzten Steintoren ein kleines Relief mit einem Fisch erkennen – vermutlich eine Hasel.

Leider können wir diesen Fisch heute nicht mehr genießen, noch Ihnen ein Rezept dafür anbieten, da es unmöglich ist, ihn ohne die Hauptzutat zuzubereiten. Doch hören wir, was Mastro Martino da Como, der bedeutendste europäische Koch des 15. Jahrhunderts und Autor des berühmten Libro de arte coquinaria, über die Zubereitung der Hasel sagte:
„Haseln: Sie sollten sanft frittiert werden, damit sie nicht verbrennen, und als Würze gibt man ihnen grüne Sauce oder grünes Agresto.“

Das agresto verde war eine süß-saure Sauce, eine Art Balsamico-Essig, die aus dem Saft unreifer Trauben gewonnen wurde. Dieses Würzmittel war bereits in der römischen Antike weit verbreitet und wurde besonders im Mittelalter häufig verwendet.

Es wird zwar nicht ganz dasselbe sein, aber wenn wir die Hasel durch kleine Seefische (latterini) aus dem Trasimenischen See ersetzen, erhalten wir eine wirklich köstliche Frittura!

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