Zwischen den sanften umbrischen Hügeln an der Grenze zur Toskana bewahrt Città di Castello Schätze, die von der Renaissance bis zur zeitgenössischen Kunst reichen. Eine Besonderheit? Die Stadt besitzt zwei gleich bedeutende Hauptplätze, die die Einwohner einfach „Piazza di Sotto“ und „Piazza di Sopra“ nennen.
Piazza di Sotto (Piazza Gabriotti): das Herz der religiösen und politischen Macht
Die Route beginnt auf der Piazza Gabriotti, wo man die Kathedrale der Heiligen Florido und Amanzio besuchen kann, erkennbar an ihrem ungewöhnlichen zylindrischen Glockenturm im ravennatischen Stil – eine Seltenheit in Umbrien. Daneben zeigt der Rathauspalast aus dem 14. Jahrhundert noch heute seine eleganten Zweifensteröffnungen und die bossierten Steinquader, die an seinen berühmten Baumeister Angelo da Orvieto erinnern.
Piazza di Sopra (Piazza Matteotti): das Zentrum der zivilen Macht
Ganz in der Nähe, nur wenige Schritte weiter, erreicht man die Piazza Matteotti, an der zwei architektonische Juwelen stehen. Hier erhebt sich der Palazzo del Podestà, ein Meisterwerk der bürgerlichen Architektur des 14. Jahrhunderts. Er wurde 1368 von Angelo da Orvieto – demselben Architekten wie beim benachbarten Rathaus – im Auftrag der mächtigen Familie Tarlati di Pietramala erbaut. Das Gebäude erzählt seine Geschichte in seinen Details: Beachten Sie die glatt bearbeiteten und exakt behauenen Quader aus pietra serena, die einen besonders eleganten Eindruck vermitteln. Über den Türen der alten Werkstätten erkennt man noch die verwitterten Wappen früherer Podestà, während die großen, halbkreisförmigen Zweifensteröffnungen im Hauptgeschoss von einem äußerst feinen gotischen Stil zeugen.
Palazzo Vitelli alla Cannoniera, wo heute Meisterwerke zu Hause sind
Nicht weit entfernt, in der Via della Cannoniera, befindet sich ein weiterer der Vitelli-Paläste: der Palazzo Vitelli alla Cannoniera. Sein Name stammt vom nahegelegenen Kanonendepot; sein Bau (zwischen 1521 und 1545) ist mit einem freudigen Ereignis verbunden: der Hochzeit von Alessandro Vitelli und Paola Rossi, die in einer Inschrift im Inneren verewigt ist.
Die Architektur orientiert sich an florentinischen Vorbildern, doch die eigentliche Überraschung findet sich außen: Die rückseitige Fassade ist mit Sgraffiti von Cristofano Gherardi geschmückt, nach einem Entwurf, der der Überlieferung zufolge Vasari zugeschrieben wird. Dieser Palast ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch ein Akt der Liebe zur Stadt: 1912 restaurierte der berühmte Antiquar Elia Volpi das Gebäude und schenkte es der Gemeinde, damit es Sitz der Städtischen Pinakothek werden konnte.
Und hier wird der Besuch unvergesslich – man bleibt atemlos vor dem Banner der Heiligsten Dreifaltigkeit von Raffael, einem frühen Werk des Genies aus Urbino. In denselben Räumen zieht das dramatische Martyrium des heiligen Sebastian von Luca Signorelli mit seiner Ausdruckskraft in den Bann.
Die Stoffe von Tela Umbra
Für ein wirklich einzigartiges Erlebnis lohnt sich ein Besuch der Werkstatt Tela Umbra im Palazzo Tommasini. Hier bewahren erfahrene Weberinnen seit 1908 die alte Kunst des Handwebstuhls. Man kann nicht nur prächtige Teppiche und Wandteppiche bewundern, sondern auch verstehen, welche wichtige Chance zur Emanzipation diese Tätigkeit den Frauen von Città di Castello bot.
Das 20. Jahrhundert von Alberto Burri – ein Museum auf zwei Standorte verteilt
Hier macht Città di Castello einen Sprung ins 20. Jahrhundert mit einer der bedeutendsten monografischen Sammlungen der Welt. Die Stiftung Palazzo Albizzini „Burri-Sammlung“ erstreckt sich über zwei Standorte:
- Palazzo Albizzini:In diesem vornehmen Palazzo aus dem 15. Jahrhundert sind 130 Werke (1948–1989) ausgestellt, die die künstlerische Entwicklung Borris zeigen – von den frühen Neri bis zu den berühmten Sacchi, Legni und Ferri.
- Ehemalige Tabaktrockenschuppen(außerhalb der Altstadt): Diese imposanten Industriehallen beherbergen 128 monumentale Werke (1970–1993), in denen Burri den Begriff des Einzelwerks überwindet, um wirkungsvolle Werkzyklen zu schaffen.
Burri selbst gestaltete einst die Präsentation, wodurch ein vollkommenes Zusammenspiel zwischen Kunstwerken und Architektur entstand. Ein einzigartiges Zeugnis dafür, wie einfache Materialien – Säcke, Holz, Kunststoffe – sich in Poesie verwandeln können.
…und eine Suppe!
Nach so viel Kunst bringt die Baggiana – eine Suppe aus Saubohnen, Tomaten und Basilikum – Sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, begleitet von den authentischen Aromen des weißen Trüffels und des im Fass gereiften Pecorino.
Warum Città di Castello besuchen?
- Um Werke von Raffael und Signorelli abseits der überfüllten Routen zu entdecken
- Um Borris künstlerisches Universum kennenzulernen
- Um in eine „Grenzland“-Renaissance zwischen Umbrien und der Toskana einzutauchen
- Um alte, lebendige Handwerkskünste zu schätzen
- Um eine ehrliche und unverfälschte Küche zu genießen